Der Ätna – Gehört die Zukunft den Mutigen?

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Jan-David ist der Gründer von The Connoisseur Collective.
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Mutige Winzer, ein Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann, und Weine voller Charakter – der Ätna ist ein Ort für Risikofreudige. Wer hier Reben pflanzt, setzt auf extremes Terroir, unberechenbares Wetter und spektakuläre Höhenlagen. Genau das wollten wir selbst erleben. Nach zehn Tagen auf Sizilien erreichten wir mit dem Roller die Ätna-Region. Vor uns: schwarze Lavaströme, steile Weinberge und ein rauchender Riese, der über allem thront. Hier entstehen einige der spannendsten Weine Italiens. Doch was macht die Weine des Ätna so besonders?

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick

Das Geheimnis der Ätna-Weine liegt im Terroir: Die vulkanischen Böden sind reich an Mineralien und bieten extreme Vielfalt. Die Höhenlage – viele Weinberge liegen zwischen 500 und 1.200 Metern – sorgt für kühle Nächte, die den Weinen eine bemerkenswerte Frische und Säure verleihen. Die Rebstöcke sind oft uralt, viele über 100 Jahre alt, was eine natürliche Ertragsreduzierung und damit intensive, ausdrucksstarke Weine zur Folge hat.

  • Rebsorten: Nerello Mascalese (Rotwein) – elegant, würzig, mit kühler Struktur – und Carricante (Weißwein), der mit Säure, Salzigkeit und mineralischer Tiefe überzeugt.
  • Weinstil: Frisch, mineralisch, strukturiert – oft vergleichbar mit Burgund oder Norditalien.
  • Ausbau: Traditionell in großen Holzfässern, zunehmend auch in Beton und Amphoren für mehr Präzision.
  • Alkoholgehalt: Meist zwischen 12,5 % und 14 % – trotz des warmen Klimas erstaunlich elegant.
  • Für wen? Perfekt für Fans von Barolo, Burgund oder mineralischen Weinen mit Tiefe.
  • Preisniveau: Mittel bis hoch – solide Weine ab 25 €, Spitzenweine erreichen dreistellige Beträge.

Weingüter, die man besuchen muss

Nach einer kurvenreichen Fahrt erreichen wir Alta Mora – ein Weingut der Familie Cusumano, das den vulkanischen Charakter des Ätna perfekt interpretiert. Wir probieren den Guardiola, einen Nerello Mascalese aus über 100 Jahre alten Reben. Kühl, elegant, mit feiner Würze – ein Wein, der die Kraft und Finesse dieser Region widerspiegelt. Das Highlight folgt: Wir fahren direkt zu den Reben der Contrada Guardiola, umgeben von dunklem Lavagestein. Hier wird spürbar, warum dieses Terroir so einzigartig ist – extreme Bedingungen, harte Arbeit und mutige Winzer, die das Beste aus dem Boden herausholen.

Eigentlich wollten wir danach zurückfahren, doch dann: ein Zufall. Wir entdecken Tornatore und bekommen spontan eine Weinprobe für den Nachmittag. Bis dahin bleibt Zeit für ein Mittagessen – und auf Empfehlung des Winzers fahren wir nach Castiglione di Sicilia ins President Ristorante. Mamma Mia, genau das Richtige, bevor es zurück zu Tornatore geht! Wieder dort, werden wir herzlich empfangen und bekommen das volle Programm – Schaum-, Weiß- und Rotweine. Besonders der Pietrarizzo beeindruckt: mineralisch, straff, mit markanter Persönlichkeit. Während wir auf der Terrasse sitzen, ein Glas in der Hand, erzählt uns ein Mitarbeiter von den Herausforderungen: plötzliche Temperaturschwankungen, die Launen des Ätna, die mühsame Handarbeit.

Neben Alta Mora und Tornatore gibt es eine Reihe weiterer Weingüter, die jeder Ätna-Liebhaber kennen sollte. Sie gehören zu den Pionieren der Region, setzen Maßstäbe in Qualität und Terroir-Interpretation oder haben sich durch innovative Ansätze einen Namen gemacht:

  • Benanti – Die Familie Benanti hat maßgeblich zur Renaissance des Ätna-Weins beigetragen. Ihr Pietramarina Carricante ist legendär.
  • Passopisciaro – Berühmt für seine eleganten, langlebigen Contrada-Weine, die in Höhenlagen bis 1.000 Meter wachsen.
  • Frank Cornelissen – Kultwinzer mit puristischen, naturbelassenen Weinen, darunter der berühmte „Magma“.
  • Pietradolce – Ausdrucksstarke Weine mit Finesse, produziert in kleinen Mengen aus alten Reben.
  • Graci – Balance zwischen Tradition und Moderne mit sehr klar definierten, terroirbetonten Weinen.

Mehr als nur Wein: Die schönsten Orte am Ätna

Die Ätna-Region beeindruckt nicht nur mit außergewöhnlichen Weinen, sondern auch mit einzigartigen Landschaften und lebendiger Kultur.

  • Alcantara-Schlucht: Spektakuläre Basaltformationen, entstanden durch uralte Lavaströme. Eine Wanderung durch die kühlen Schluchten ist ein perfekter Ausgleich an heißen Tagen.
  • Castiglione di Sicilia: Mittelalterliches Dorf mit atemberaubendem Blick auf die Weinhänge. Die kleinen Osterien servieren authentische, hausgemachte Spezialitäten mit lokalem Wein – ein Genussmoment in rustikalem Ambiente.
  • Taormina: Eine Stadt wie aus einem Film. Das griechische Theater mit Blick auf den Ätna, elegante Boutiquen und lebhafte Piazzas machen Taormina zum perfekten Ort für einen entspannten Abend. Bei einem Aperitivo in einer der zahlreichen Bars lässt sich der Sonnenuntergang über der Küste besonders stilvoll genießen.
  • Catania: Die Stadt pulsiert vor Leben, besonders in der berühmten Restaurantstraße. Hier reihen sich exzellente Lokale aneinander – perfekt für Antipasti, Pasta alla Norma oder ein Glas sizilianischen Wermuts.

Übernachten: Die besten Hotels am Ätna

Am Ätna sollte man sich mehrere Tage Zeit nehmen für Wein und Kultur. Auch wenn ich damals in einem unscheinbaren Airbnb war, habe ich hier für euch ein paar empfohlene Hotels aufgelistet. Hier sind die besten Optionen für eine unvergessliche Reise:

  • Taormina: Grand Hotel Timeo (Luxus) – Luxuriöses Refugium mit spektakulärem Blick auf den Ätna.
  • Taormina: Villa Belvedere (Mittelklasse) – Elegantes Mittelklassehotel mit mediterranem Charme.
  • Ätna: Villa Neri Resort & Spa (Luxus) – Perfekt für eine entspannte Weinreise mit exklusivem Wellnessangebot.
  • Catania: Palace Catania | UNA Esperienze (Mittelklasse) – Stilvolles Stadthotel mit Dachterrasse und fantastischem Ausblick.
  • Catania: Liberty Hotel (Mittelklasse) – Charmantes Boutique-Hotel mit historischem Flair und persönlichem Service.

Fazit

Der Ätna ist für mich mehr als eine faszinierende Weinregion – er gehört zu meinen absoluten Lieblingsorten. Die kraftvollen, mineralischen Weine, die dramatische Landschaft und die leidenschaftlichen Winzer machen ihn einzigartig. Wer hierherkommt, erlebt Weinbau an der Grenze des Möglichen und eine Gastfreundschaft, die unter die Haut geht. Ich komme definitiv wieder – denn eins ist sicher: Der Ätna wird noch lange für Aufsehen sorgen.

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